Im allerersten Interview für diesen Newsletter machte Mag. Christian Müller-Guttenbrunn vor genau einem Jahr einen interessanten Vorschlag: Im Kampf gegen den illegalen Export von Altautos, die oftmals im Ausland demontiert und auf wilden Deponien entsorgt werden, forderte er ein „grünes Pickerl“. Damit sollte die geltende Rechtslage leichter durchsetzbar sein, dass kein altes oder beschädigtes Auto exportiert werden darf, wenn der Wert des Fahrzeugs geringer ist als die Kosten für die Reparatur. Dieser Vorschlag fand international Beachtung, ist doch illegaler Export von Altautos auch in anderen Ländern ein Thema. Bei der 16. Internationalen-Automobil-Recycling-Konferenz (IARC), die Mitte März in Berlin stattfand, wurde Müller-Guttenbrunns Idee ebenfalls in einer hochkarätig besetzten Diskussionsrunde aufgegriffen.
19 statt 95 Prozent Recycling-Quote
Obwohl die Rechtslage klar ist, dass nur Gebrauchtwagen aber keine Altautos exportiert werden dürfen, sieht die Realität leider anders aus. Alleine in Österreich werden jährlich rund 250.000 Autos ab- und nicht mehr angemeldet, doch nicht einmal 50.000 enden in heimischen Schredder-Anlagen. Dadurch verliert die österreichische Recycling-Industrie große Mengen an Rohmaterial. Daher rechnete Chris Slijkhuis, der an der Diskussionsrunde als Vertreter der Müller-Guttenbrunn Gruppe teilnahm, in Berlin vor: „Es ist wunderbar, dass wir mit großem Aufwand zeigen können, dass wir 95 Prozent von Altautos – 85 Prozent als Material und 10 Prozent als Energie – wiederverwerten können. Wenn das jedoch für weniger als ein Fünftel der endgültig abgemeldeten Autos gilt, dann können wir lediglich nachweisen, dass nur 19 Prozent des Materials ordnungsgemäß verwertet wird.“ Alleine schon aus diesem Grund sind neue Ansätze nötig, um illegalen Exporten von Auto-Wracks entgegenzuwirken.
Nicht oberste Priorität bei den Behörden
Bei der Diskussionsrunde im Rahmen der IARC zeigte sich deutlich, dass oftmals schon die Unterscheidung zwischen Altauto („End-of-Life Vehicle“, kurz ELV = Abfall, der nicht exportiert werden darf) und Gebrauchtwagen (Auto, das exportiert werden darf) schwierig ist. Obwohl die ELV-Richtline der EU seit über 15 Jahren gültig ist und vielfach darüber diskutiert wurde, akzeptieren nicht alle EU-Mitgliedsstaaten diese Unterscheidung. Die Folge: Eine große Zahl an Altautos wird weiterhin illegal exportiert. Die Diskussion ließ auch keine Zweifel darüber, dass eine Bekämpfung dieses Missstandes auf der Prioritätenliste der zuständigen Behörden nicht ganz oben steht. Ein Repräsentant der zuständigen Behörde im Hamburger Hafen erklärte etwa, dass täglich über 10.000 Container den Hafen verlassen würden, die lediglich von sechs Inspektoren begutachtet werden. Zudem bestätigte er, dass die Priorität dabei nicht auf Altautos gelegt wird.
Artemis Hatzi-Hull, zuständig für Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement bei der EU-Kommission, stellte klar, dass es „Probleme mit statistisch fehlenden Altautos und generelle Probleme mit der Qualität der Daten“ gibt. Sie steht in Kontakt zu Europol und Interpol, um bei den Behörden Bewusstsein für diese Probleme zu schaffen.
So lange der illegale Export von Altautos nicht Gefahr für die Verkehrsteilnehmer und die Umwelt erkannt wird, wird die gesamte Recyclingindustrie mit schwindenden Zahlen bei Autowracks zu kämpfen haben. Das sind keine guten und beruhigenden Aussichten für die Recycling-Unternehmen – aber auch nicht für die Gesellschaft und die Umwelt.