Mit Beschluss des Nationalrates wurde Ende 2021 eine Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes verabschiedet. Damit wurden in Österreich das EU-Kreislaufwirtschaftspaket und die EU-Richtlinie über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoff-Produkte auf die Umwelt (SUP-Richtlinie) umgesetzt.
Das Ziel der SUP-Richtlinie ist in erster Linie, das Plastikmüllaufkommen zu reduzieren, um so die Auswirkungen von Plastikmüll auf die Umwelt, vor allem aber auf die Meeresbiologie zu verhindern und zu verringern. Um zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, wurden Verbote des Inverkehrbringens bestimmter Einwegkunststoffprodukte sowie von Produkten aus oxo-abbaubaren Kunststoffen, Kennzeichnungsvorschriften für Einwegkunststoffprodukte sowie Ziele für die getrennte Sammlung von Einwegkunststoffflaschen im Abfallwirtschaftsgesetz verankert.
Weitere Maßnahmen betreffen das Importverbot bestimmter Abfälle zur Deponierung und Registrierungspflicht für Transporteure und die Reduktion von Einwegkunststoffverpackungen.
Neue Vorgaben für den Transport von Kunststoffabfällen
Um die Emission von Luftschadstoffen und klimarelevanten Gasen so gering wie möglich zu halten, haben Recycling-Unternehmen künftig große Herausforderungen zu meistern. So müssen Transporte von Abfällen mit einem Gesamtgewicht von mehr als zehn Tonnen mit einer Transportstrecke auf der Straße von über 300 Kilometer in Österreich ab dem 1. Jänner 2023 mit der Bahn oder einem anderen Verkehrsmittel mit gleichwertigem oder geringerem Schadstoff- oder Treibhausgaspotenzial erfolgen! Dies gilt nicht, wenn nachgewiesen wird, dass von der Bahn keine entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt werden können oder wenn beim Bahntransport die auf der Straße zurückzulegende Transportstrecke für die An- und Abfahrt zur nächstgelegenen Verladestelle im Vergleich zum ausschließlichen Transport auf der Straße 25 % oder mehr betragen würde. Die entsprechenden Nachweise sind beim Transport mitzuführen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen.
Diese Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes ist aus ökologischer Sicht sinnvoll. Es stellt sich hier aber die Frage, ob diese Beschlüsse auch praxistauglich und für Unternehmen der Recycling-Branche umsetzbar sind. Aus diesem Grund wurde Mag. Christian Müller-Guttenbrunn, CEO der Müller-Guttenbrunn Group zu dieser Thematik befragt:
Herr Müller-Guttenbrunn, was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Elemente und die großen Herausforderungen, die diese Novelle mit sich bringt?
Christan Müller-Guttenbrunn: Die Recycling-Unternehmen sind angehalten, so wenige Kilometer wie möglich per LKW zurückzulegen und so viele Transporte als möglich auf die Schiene zu verlagern. Damit haben wir kein Problem, weil die Gleis-Anschlüsse bei unseren Werken vorhanden sind. Viel schwerer haben es jedoch Lieferanten, die diese Möglichkeit nicht haben. Es wird sicherlich Verzerrungen am Markt geben, jene Unternehmen, die über einen Gleisanschluss verfügen, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Die Bedeutung des LKWs für Überlandfahrten wird zurückgehen. Aber auch die ÖBB muss ihre Hausaufgaben machen und überall die Voraussetzungen – sprich Verlademöglichkeiten – schaffen!
Eine wichtige Frage ist auch der Transport von Kunststoff. Hier müssen große Volumen mit vergleichsweise geringem Gewicht befördert werden. Ist dies wirtschaftlich dann noch rentabel?
Christan Müller-Guttenbrunn: Man wird erst in der Praxis sehen, wie tauglich diese neuen Vorgaben tatsächlich sind. Wir haben uns in vielen Jahren mühevoll einen entsprechenden Markt aufgebaut. Auch wenn der Transport teurer wird, entziehen wir uns nicht unserer ökologischen Verantwortung. Die Nachfrage nach recyceltem Kunststoff ist enorm, wir bräuchten sogar noch viel mehr Rohmaterial, das derzeit gar nicht so einfach vorhanden ist. Da reden wir noch gar nicht vom Transport…
Wie sehen Sie das Abfallwirtschaftsgesetz im europäischen Wettbewerb?
Christan Müller-Guttenbrunn: Die Europäische Union hat einen gesetzlichen Mindeststandard definiert, jeder Mitgliedsstaat setzt seine Regeln aber schlussendlich selbst fest. Da haben wir das Problem, dass Österreich ein Öko-Musterland sein möchte und sich selbst sehr scharfe Reglements auferlegt hat. Wir sehen bei unseren Unternehmen in Ungarn und Rumänien, dass es aber auch andere Modelle gibt, die durchaus auch Potential haben.
Zum Schluss ein kurzer Themenwechsel aus aktuellem Anlass: Die Europäische Union hat beschlossen, Atomkraft und Erdgas als grüne Energie einzustufen. Wie stehen Sie zu dieser Entscheidung?
Christan Müller-Guttenbrunn: Atomkraft ist die einzige Energieform, die kein CO2 produziert und jederzeit verfügbar ist. Deshalb halte ich es für einen Fehler, jeglichen Fortschritt auf diesem Gebiet zu ignorieren und sich grundsätzlich dieser Thematik zu verschließen. Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht sagen.
Herr Müller-Guttenbrunn, wir danken Ihnen für das Gespräch!