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Mai 05, 2022

Etwa 1,5 Millionen Euro investierte man im vergangenen Jahr in eine Anlage, die das Trennen von gemischten Stoffen bei MGG Metran in Kematen auf ein neues Level hebt – die neue Polyfinder-Anlage. Durch innovative Technik mit einem kombinierten Analyseverfahren bieten sich beim Trennen von Stoffen ganz neue Möglichkeiten.

Bereits im Dezember letzten Jahres wurde die Polyfinder-Anlage nach neunmonatiger Aufbau- und Testphase am Gelände vom MGG Metran in Kematen in den Werksalltag integriert. „Corona hat uns den Aufbau zwar nicht leicht gemacht, aber wir sind froh, trotz eines Verzugs von etwa vier Monaten nun die Anlage endlich nützen zu können“, so Metran-Geschäftsführer Gunther Panowitz.

Was ist eine Polyfinder-Trennanlage? Und: Wie funktioniert sie? Der Begriff „poly“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „viel“. Es werden also „viele“ Verfahren – in diesem Fall vier – gleichzeitig angewandt, um den Trennungsvorgang des Abfallstromes optimal zu gestalten. „Es ist eine Weiterentwicklung, bei der man verschiedene bekannte Detektionstechnologien in einer Anlage kombiniert“, bringt es Panowitz auf den Punkt.

Verfahren 1: Farbsortierung

Die erste Technologie ist die altbewährte Farbsortierung mit Licht und einer hochauflösenden Digitalkamera. Ein Verfahren, das man bei MGG Metran schon seit 1996 erfolgreich einsetzt. So werden zum Beispiel rote Teile als Kupfer erkannt, gelbe als Messing oder stumpfgraue als Zink. Durch die Vielseitigkeit der stofflichen Inhalte im Abfall stößt dieses Verfahren aber rasch an seine Grenzen. Zum Beispiel, wenn es sich um verchromtes Messing handelt. Es gibt aber auch viele Verwechslungsmöglichkeiten. Früher waren Leiterplatten immer grün, heute haben diese verschiedenste Farben wie gelb, blau oder rot und sind daher rein von der farblichen Analyse her nicht mehr eindeutig zuordenbar. Und so kann es passieren, dass beispielsweise Leiterplatten den gleichen Farbton haben wie Bierdosen. Das Blau der Biermarke „Puntigamer“ ist dem Blau einer Leiterplatte sehr ähnlich. Das erschwert die sortenreine Trennung erheblich.

Verfahren 2: Nahinfrarotkamera

Im zweiten Schritt durchlaufen die etwa fingernagelgroßen Abfallstücke die NIR-Kamera, die Nahinfrarotkamera. In diesem Vorgang wird mit Hilfe von Wärmestrahlung gearbeitet. Am Beispiel der blauen Bierdose und der blauen Leiterplatte ist im Infrarotbereich sofort ein Unterschied zu „sehen“. Während die optische Digitalkamera zwei gleiche Blautöne sieht und keinen Unterschied detektiert, liefert die Bierdose keine Rückmeldung im Infrarotspektrum, da sie aus Metall ist. Die blaue Leiterplatte hingegen wird als Kunststoff erkannt, weil diese einen gewissen typischen Ausschlag im Infrarotspektrum liefert. So kann die Leiterplatte als Kunststoff identifiziert werden.

Verfahren 3: Laser Object Detection

Im dritten Schritt wird mit der so genannten LOD, der Laser Object Detection, analysiert. Auf dem 1,80 Meter breiten Förderband werden die Teile mit einer Geschwindigkeit von rund vier Meter pro Sekunde befördert. Bei der dritten Analysemethode LOD zielt ein Laser von oben auf das Band. In Kombination mit einer weiteren gering auflösenden Kamera (visible camera – kurz: VIS), die sich seitlich vom Förderband befindet, werden alle Teile gescannt. Durch den abgelenkten Laser weiß man nun, wo die Teile am Förderband liegen, wie lang sie sind und wie hoch. „So wird quasi ein virtuelles dreidimensionales Bild jedes Teils gezeichnet“, erklärt Panowitz. Dies trifft auch auf schwarze Teile zu, die bei den ersten beiden Verfahren nicht analysiert werden konnten. Zusätzlich errechnet die Anlage durch die dreidimensionale Form den ungefähren Schwerpunkt des Teils und schätzt das Gewicht ab. Das ist am Ende des Bandes wichtig beim „Ausschuss“ und beeinflusst, wieviel Druckluft notwendig ist, um das entsprechende Teil in den richtigen Kanal abzulenken.

Verfahren 4: Elektromagnetische Kamera

Am letzten Schritt ist eine elektromagnetische Kamera (kurz: EMC) beteiligt. Durch Spulen, die sich im letzten halben Meter unterhalb des Förderbandes quer angeordnet befinden, werden magnetische Felder erzeugt. Diese elektromagnetischen Felder strahlen durch den Förderbandgurt und treffen so auf die darüber beförderten Teile. Diese Teile wiederum verändern Frequenz und Stärke der jeweiligen Spule stoffcharakteristisch. Eisenwerkstoffe beispielsweise verändern die Spulenfrequenz sehr stark. Im Vergleich dazu beeinflusst ein Kupferteil die Frequenz weniger und ein Kunststoff- oder mineralhaltiges Teil verändert das elektromagnetische Feld überhaupt nicht. So lassen sich zum Beispiel aus einem Abfallstrom alle Metalle aussortieren.

Durch die Kombination dieser vier Verfahren lassen sich sehr viele verschiedene Stoffe analysieren, die mit den einzelnen Verfahren singulär schwierig zu detektieren wären. Ein Beispiel gefällig? Ein schwarzes Plastikteil könnte man mit den ersten beiden Verfahren nicht passend zuordnen. Durch die LOD wird das Teil aber räumlich registriert und gibt im vierten Schritt keinen elektromagnetischen Impuls. So kann eindeutig festgestellt werden, dass es sich um schwarzen Kunststoff handelt.

Nun steht die Perfektionierung auf der Agenda

Durch die verschiedenen Abfallfraktionen kann man mit der Polyfinder-Anlage unterschiedlichste Trennergebnisse erzielen. Am Ende jedes Durchlaufs gibt es bei dieser neuen Anlage die Möglichkeit, vier verschiedene Stoffströme zu separieren. Je nachdem, welche Zusammensetzung der primäre Abfallstrom hat und welche Trennwünsche man an der Anlage konfiguriert, werden unterschiedlichste Separationen durchgeführt.

Nach der Inbetriebnahme der von der deutschen Firma Tomra gelieferten und vom heimischen Anlagenbauer IFE in Waidhofen/Ybbs ergänzten Anlage geht es nun ans Feintuning, wie Panowitz erklärt: „Wir lernen mit der Zeit. Durch das Perfektionieren der Einstellungen und der Programmierung sowie durch die Zusammenarbeit mit dem Hersteller können wir die Qualität der Ergebnisse laufend verbessern.“ Ziel ist es, künftig mittels künstlicher Intelligenz noch effektiver zu werden: „Derzeit stellen wir die Parameter ein und je nachdem, wie wir die Anlage programmieren, werden entsprechende Stoffströme aussortiert. Diese Einstell- und Programmierarbeiten sind aber sehr aufwändig und unsere Techniker lernen täglich dazu. Hoffentlich schaffen wir es, dass dieses Lernen künftig auch von der EDV übernommen wird und die Qualitätsverbesserungen sozusagen computerunterstützt selbständig vonstattengehen“ blickt der MGG Metran-Geschäftsführer zuversichtlich in die Zukunft.

Abfall als Rohstoff wahrnehmen

Ganz generell gesehen verändern sich die Anforderungen im Recycling quasi tagtäglich. „Es geht immer mehr in Richtung Qualitätssteigerung, Recyclingtiefen und das Detektieren und Separieren von immer neuen Stoffen, wie uns auch unser Hartplastikprojekt – Stichwort Bobby-Car – gezeigt hat.“ Dabei geht es dem Metran-Boss aber auch um einen gesellschaftspolitischen Aspekt. Denn jeder österreichische Bürger generiert pro Jahr rund 500 Kilogramm Abfall. Für Panowitz handelt es sich dabei aber nicht um Müll, sondern um Wertstoffe: „Wir müssen lernen, diese Ressourcen nicht zu unterschätzen, sondern als Rohstoff zu sehen. In den Köpfen der Menschen darf Abfall nicht „pfui“ sein, sondern der Wert der verarbeiteten Stoffe am Ende des jeweiligen Produktlebenszyklus muss uns stärker bewusst sein! Wir haben heute die Technologie, um Stoffe im Kreislauf zu halten. Und durch entsprechende Trennverfahren wie unsere neue Polyfinder-Anlage wird diese Kreislaufwirtschaft von Tag zu Tag besser!“