Wie wichtig ist Recycling? Dieser Frage ging der Amerikaner Mike Biddle – Gründer von MBA Polymers – beim IERC-Kongress in Salzburg nach. Der Mitbegründer des MGG-Werkes von MBA Polymers in Kematen/Ybbs zeigte in seiner Keynote-Speech unter dem Titel „Mining the Past to Preserve the Future” (Die Vergangenheit nutzen, um die Zukunft zu erhalten) auf, dass Recycling sehr wichtig ist. Kein Wunder, ist es für die Menschheit doch in vielerlei Hinsicht bereits fünf vor zwölf! Aktuell steht die Weltuntergangsuhr eines Wissenschaftsmagazins sogar zweieinhalb Minuten vor Mitternacht. Alarmierende Zahlen über das Artensterben, die globale Erwärmung, den Anstieg des Meeresspiegels, den ungleich verteilten Wohlstand und vieles mehr verdeutlichen, dass keine Zeit mehr zu verlieren ist, um rasch kleine und größere Schritte zu unternehmen. Ein entscheidender Schritt wird dabei eine Forcierung von Recycling sein müssen – auch weil sich einige wichtige Primärrohstoffe bereits ihrem Ende zuneigen.
Alles hat ein Ende
Die natürlichen Vorkommen von Gold, Silber, Zink, Blei und Kupfer könnten Schätzungen zufolge innerhalb der nächsten 60 Jahre allesamt verbraucht sein. Pessimistischere Schätzungen gehen sogar von nur 20 Jahren aus! Dass die Wiederverwertung von solchen Rohstoffen wichtig ist, hat man bei Müller-Guttenbrunn und anderen Metall-Recycling-Unternehmen bereits vor Jahrzehnten erkannt. „Urban mining“ ist nicht nur ökologisch absolut notwendig, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Ein Beispiel dazu: Für die Herstellung von Aluminium aus Recyclingprozessen wird 95 Prozent weniger Energie benötigt als für die Gewinnung aus dem Aluminiumerz Bauxit.
Kunststoff-Recycling vs. Kunststoff-Verbrauch
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Kunststoffen. Die Erzeugung von Kunststoff aus Primärrohstoffen benötigt wesentlich mehr Energie und ist daher entsprechend kostenintensiv. Das hatte Mike Biddle als revolutionärer Geist früh erkannt und Kunststoff-Recycling zu einem gewinnbringenden Geschäftsmodell geformt. Ein Grund dafür ist, dass der Kunststoffverbrauch im vergangenen halben Jahrhundert um ein Vielfaches gestiegen ist. Zwar nahm in der Zwischenzeit die Recycling-Rate ebenfalls rapide zu, doch die Lücke zwischen dem Gesamtverbrauch von Kunststoffen und der recycelten Menge klafft dennoch immer weiter auseinander.
Dabei kann gerade die Wiederverwertung von Kunststoffen viel zum Umweltschutz beitragen. Für „neuen“ Kunststoff sind schließlich viele Vorgänge und weite Wege notwendig: So muss Öl gefördert, transportiert und in Raffinerien aufbereitet werden. Anschließend werden Monomere gewonnen und in energieaufwendigen Prozessen, die viel Wasser benötigen, zu Polymeren weiterverarbeitet. Daher verwundert es nicht, dass der Energieaufwand für das Recycling von Kunststoffen um 90 Prozent und der Wasserverbrauch um über 90 Prozent geringer sind als bei der Neuproduktion.
Was kann der Einzelne tun?
Das Kunststoff-Recycling spart auch eine große Menge an CO2-Ausstoß ein. Das verdeutlichte Biddle mit einem bemerkenswerten Vergleich, dem er auch eine persönliche Note gab: Er stellte zunächst die Einsparungen an CO2-Emissionen großer Unternehmen wie Unilever und Coca-Cola denen seiner Familie gegenüber. Die Großunternehmen brachten es mit ihren Corporate Responsibility-Aktivitäten auf Einsparungen von ein bzw. zwei Tonnen pro Kopf (Mitarbeiter) und Jahr.
Mit nur vier einfachen Änderungen der Lebensgewohnheiten reduzierten Biddle und seine Familie den CO2-Ausstoß pro Person um fünf Tonnen im Jahr. Dass Kunststoff-Recycling enorm wertvoll für alle ist, verdeutlichte der Amerikaner mit der danach präsentierten Zahl. Jeder einzelne MBA Polymers-Mitarbeiter hilft mit seiner Arbeit, pro Jahr 900 Tonnen an CO2-Emissionen einzusparen. Für die gesamte Müller-Guttenbrunn Gruppe ergibt sich übrigens sogar eine noch höhere Einsparung pro Mitarbeiter.
Mit seinem Vortrag belegte Biddle, dass trotz der düsteren Aussichten auch fünf vor zwölf noch Hoffnung besteht – wenn sich etwas ändert. Er appellierte vor allem, dass jeder einzelne etwas verändern kann. So schloss er mit einem Zitat eines Visionärs aus einer ganz anderen Branche, nämlich von Steve Jobs: Diejenigen, die verrückt genug sind, zu denken, dass sie die Welt ändern könnten, werden diejenigen sein, die es tatsächlich tun.
Die Reduktion als Gewinn
Neue Rohstoffe zu fördern und zu gewinnen, bedeutet immer einen hohen Energieeinsatz. Vielfach werden dabei auch enorme Emissionen verursacht. Die Recycling-Prozesse bieten im Vergleich dazu enorme Einsparungspotenziale, wie diese Tabelle verdeutlicht.
Energie-Einsparung pro recycelter Tonne gegenüber Neuware | CO2-Einsparung pro recycelter Tonne gegenüber Neuware | |
Aluminium | 95 % | 3,54 t |
Kupfer | 11 % | 0,81 t |
Eisen | 16 % | 0,97 t |
Blei | 99 % | 1,61 t |
Nickel | 90 % | 1,90 t |
Zinn | 99 % | 2,15 t |
Zink | 25 % | 1,80 t |
Papier | 66 % | 0,0003 t |
Kunststoff | 91 % | 4,80 t |
rostfreier Stahl | 67 % | 3,70 t |