Kaum jemand kennt das Unternehmen Metall-Recycling Mü-Gu so gut wie Geschäftsführer Michael Grimm. In einem Interview gewährte er spannende Einblicke in den alltäglichen Betrieb und berichtet über lehrreiche Erfahrungen und tonnenschwere Herausforderungen.
Herr Grimm, Sie sind seit vielen Jahren bei Müller-Guttenbrunn tätig. Was macht für Sie die Arbeit in diesem Unternehmen immer noch so spannend?
GRIMM: Meine ersten Erfahrungen im Unternehmen habe ich von 1980 bis 84 als Ferialpraktikant gesammelt. Schon damals habe ich gemerkt, dass hier kein Tag dem anderen gleicht. Daran hat sich in den über 30 Jahren, die ich mittlerweile im Betrieb bin, nichts geändert. Wir haben uns ständig weiterentwickelt, sind aber ein klassischer Familienbetrieb, in dem man auf kurzen Wegen immer seine Ideen einbringen kann, geblieben.
In dieser langen Zeitspanne hat sich im Betrieb doch bestimmt auch etwas verändert?
GRIMM: Natürlich! Ich kann mich noch gut an die Zeit als Ferialpraktikant erinnern. Damals sind wir von Montag bis Freitag die Deponien im Waldviertel abgefahren und haben in Schwerstarbeit das ganze Metall herausgeholt. Heute völlig unvorstellbar! Als ich dann 1985 angefangen habe, waren die Firmen noch froh darüber, wenn man Material entsorgt hat und haben sogar dafür bezahlt. Heute ist Recycling ein knallhartes Business geworden, in dem manche schon ungehalten werden, wenn der Lkw nur eine Stunde später kommt als geplant.
Für Sie hat sich bestimmt ebenfalls einiges verändert. Wie war überhaupt Ihr Weg vom Ferialpraktikanten zum Geschäftsführer?
GRIMM: Ich habe nach der Matura in der HTL Waidhofen und dem absolvierten Präsenzdienst im April 1985 hier in Amstetten angefangen. Viele spannende Projekte sowie ein Intermezzo als Betriebsleiter der neugegründeten Metran später bin ich in den 90er-Jahren über die Planung der Logistik in den kaufmännischen Bereich der Geschäftsführung eingestiegen. Dabei bin ich bis 2009 geblieben, ehe ich aus gesundheitlichen Gründen leider länger ausgefallen bin. Dietmar Berger hat dann diesen Bereich als Geschäftsführer übernommen. Ich kümmere mich seither um den technischen Bereich – also die Betriebsleitung bei Metall-Recycling Mü-Gu.
Sie haben von spannenden Projekten gesprochen. Besonders spannend war wohl die Installation des Schredders vor über 30 Jahren in Amstetten – oder?
GRIMM: Ja, das war gleich mein allererstes Projekt. Für mich hieß es, überhaupt erst einmal zu verstehen, was ein Schredder ist und wie er funktioniert. So eine Anlage zu installieren, ist keine Kleinigkeit, denn Schredder-Anlagen gibt es schließlich nicht zuhauf. Noch dazu haben wir uns an eine neuartige und für die damalige Zeit innovative Konstruktionsweise herangewagt.
Das hieß wohl noch mehr Herausforderungen…
GRIMM: Definitiv. Die neuartige Konstruktion hat nämlich in der Praxis nicht gehalten, was der Entwurf am Reißbrett versprochen hat. Daher ging gleich bei den ersten Tests einiges kaputt. Bevor der Schredder überhaupt in Betrieb gegangen ist, musste schon einmal ordentlich repariert werden. Dazu kam, dass wir bereits Material im großen Umfang eingekauft hatten. Daher mussten 170 volle Waggons nebenbei mit den übrigen Anlagen aufgearbeitet werden.
Bestimmt eine lehrreiche Erfahrung zum Einstieg in den Betrieb. Mittlerweile können Sie bestimmt auf viele weitere Erfahrungen zurückblicken…
GRIMM: Derartige Herausforderungen gab und gibt es immer wieder. Dazu zähle ich etwa die Entwicklung von eigenen Eisenbahnwaggons oder eigener Spezial-LKWs. Wir haben auch viel in absoluten Notsituationen gelernt – etwa nach dem Brand der Neusiedler-Papierfabrik im Jahr 2000. Da mussten innerhalb eines Monats 14.000 Tonnen Brandrückstände sowie 1.400 Tonnen Schrott entsorgt werden. Zudem hat alles noch geglost! Damit haben wir bis dahin absolut keine Erfahrung gehabt. Eine ähnliche Situation gab es nach dem Hochwasser 2002: Wir mussten 3.500 nagelneue Autowracks, die keinen Meter gefahren sind, verschrotten. Da brauchte es viel Gehirnschmalz, um die gesamte Logistik und eine reibungslose Abwicklung zu gewährleisten.
Aber braucht es das bei den Mengen, die in Amstetten verarbeitet werden, nicht ohnehin jeden Tag?
GRIMM: Auf alle Fälle, denn es werden täglich rund 1.800 Kubikmeter Material verarbeitet – oder anders ausgedrückt: 800 bis 900 Tonnen. Wie bereits erwähnt: Kein Tag gleicht dabei dem anderen, weshalb man als Betriebsleiter nur so gut ist wie sein ganzes Team. Daher braucht es jeden Tag ein topmotiviertes Team.
Sie haben viel Zeit draußen am Produktionsplatz, aber bestimmt auch zahlreiche Stunden im Büro verbracht. Wo gefällt es Ihnen eigentlich besser?
GRIMM: Definitiv draußen am Platz. Die Büroarbeit gehört natürlich dazu, draußen am Produktionsplatz ist jedoch meine Heimat. Papier ist geduldig, aber Schrott muss verarbeitet werden! Draußen merkt man dann rasch, dass Schrott nicht gleich Schrott ist. Alleine bei der Autotrockenlegestation bewundere ich unsere Mitarbeiter, die stets sämtliche Problemstoffe finden, um sie ordnungsgemäß zu entsorgen. Genau dafür steht unser Team Tag für Tag am Produktionsplatz.
Sie kommen ja regelrecht ins Schwärmen. Nichtsdestotrotz haben Sie vieles auch in Ihrem Büro zu entscheiden. Was bereitet Ihnen dabei derzeit am meisten Kopfzerbrechen?
GRIMM: Das Wichtigste ist, Kontinuität in die Prozesse zu bekommen. Dabei sind wir jedoch von den Vorlieferanten abhängig. Da der Preis jedoch im Monatsrhythmus enorm schwankt, gibt es Monate mit viel Material und anschließend wieder Monate mit wenig Material. Das heißt: Einmal gibt es viel Arbeit, dann wieder weniger. Zusätzlich wird Abfall nicht nach Spezifikation angeliefert – da gibt es immer große Unterschiede. Dazu kommen noch die routinemäßige Instandhaltung der Anlagen sowie große, einmalige Instandhaltungsprojekte.
Gibt es denn aktuell ein derartig großes Projekt?
GRIMM: Ja, wir sind gerade dabei, große mechanische Teile beim Schredder auszutauschen. Dieser Austausch erfolgt in zwei Phasen von jeweils drei bis vier Wochen. Die erste Phase haben wir zum Jahreswechsel bereits gut hinter uns gebracht. Anfang Mai steht dann das Projektfinale, bei dem unter anderem ein 15 Tonnen schwerer Filter installiert wird, am Programm. Keine einfache Aufgabe, aber mit unserem hervorragenden Team werden wir auch das meistern.
Dafür – und für alle weiteren Herausforderungen, die in diesem Jahr noch auf Sie und Ihr Team zukommen werden – wünschen wir viel Erfolg!