Seit Jahren ist die Müller-Guttenbrunn Gruppe konsequent bestrebt, Recyclingmaterial – und hier vor allem Eisenschrott – von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Danny Steriti und Thomas Lippuner von der Schweizer MGG Trade bringen die MGG-Mission der länderübergreifenden Bahntransporte unisono auf den Punkt: „Aus Umwelt- und Kostengründen wollen wir so viel wie möglich unserer recycelten, sekundären Rohstoffe auf die Schiene bringen!“ Was mit unzuverlässigen Wagenverfügbarkeiten und langen Laufzeiten begann, ist heute ein strategisches Logistik-Programm mit klarer Wirkung: Eigene Wagen, durchfahrende Lokkonzepte und feste Korridore in Richtung Italien.

Danny Steriti und Thomas Lippuner von MGG Trade sind sich einig: „Ohne bessere Bahninfrastruktur, klare Regeln und faire Rahmenbedingungen wird Europa die wachsenden Schrottmengen nicht über die Straße abwickeln können. Die Zukunft fährt auf Schienen!“
Die Argumente „Umwelt- und Kostengründe“ klingen wie eine logische Selbstverständlichkeit. Im Detail entpuppt sich das Thema grenzüberschreitender Bahntransporte aber als äußerst komplex, wie der Geschäftsführer von MGG Trade, Danny Steriti, ausführt: „Die Herausforderungen beim Transport von Sekundärrohstoffen per Bahn durch Europa sind mannigfaltig. So dürfen Lokführer zum Beispiel nur dann durch ein Land fahren, wenn sie die jeweilige Sprache sprechen und über eine länderspezifische Befähigung verfügen. Oder die Frage, was passiert mit einem geplanten Bahntransport, wenn eine Mure ein Gleis für längere Zeit verschüttet hat. Umleitungen um derartige Hindernisse sind mit Zügen nicht so einfach zu lösen wie im Straßenverkehr. Oder das Thema der Verspätungen. Oder die Verfügbarkeit von Wagen, Lokomotiven und Trassen. Es gibt viele Gründe, warum grenzüberschreitende Bahntransporte alles andere als unkompliziert sind.“

Die Müller-Guttenbrunn Gruppe verfügt dank direkter Bahnanschlüsse in den meisten Werken – wie hier bei Metrec in Amstetten – über ideale Voraussetzungen für den Warentransport per Bahn. Aktuell bewegt die Gruppe rund 25.000 Tonnen Sekundärrohstoffe pro Monat auf der Schiene.
Wichtige Voraussetzungen: Eigene Bahnanschlüsse bei MGG-Werken.
Trotz dieser Bremsklötze fällt die Bilanz der beiden Zugspezialisten deutlich positiv aus. Denn die Müller-Guttenbrunn Gruppe verfügt dank direkter Bahnanschlüsse in den meisten Werken über ideale Voraussetzungen für den Warentransport per Bahn. Und dass diese Infrastruktur auch genutzt wird, belegen die MGG-Transportzahlen eindrucksvoll: Aktuell bewegt die Gruppe rund 25.000 Tonnen Sekundärrohstoffe pro Monat auf der Schiene. Ein typischer Zug umfasst dabei etwa 22 Wagen mit jeweils rund 1.100 Nettotonnen „Ein solcher Ganzzug mit 22 Wagen ersetzt rund 44 LKW-Fahrten auf der Straße. Nicht zu vergessen, dass beim LKW dann auch noch die Rückfahrt dazu kommt, die nicht immer voll beladen von statten geht“, rechnet Steriti vor. In Spitzenzeiten erreichen MGG-Züge sogar bis zu 30 Wagen. Solche Größenordnungen sind nicht nur ein CO₂-Vorteil, sondern auch für Stahlwerke lässt sich die Prozesslogistik mit der Anlieferung per Bahn deutlich effizienter gestalten. Züge werden nämlich am Werksbahnhof gebündelt entladen, teils direkt in die Pfannen der Schmelzwerke oder nahe an Lagerflächen. LKW-Anlieferungen dagegen erzeugen Zeitfenster- und Stauprobleme an den Toren und benötigen zusätzliche Flächen, da die LKWs meist nicht direkt an die Ladezonen der Schmelzpfannen fahren können und dürfen.
Vom Einzelwagen zum Ganzzug und somit zu mehr Effizienz.

MGG Trade verschickt Schrottzüge als durchgehende Ganzzüge. Das reduziert Schnittstellen, spart Zeit und erhöht die Planbarkeit in einem System, das von Trassenknappheit, Baustellen und Priorisierungen zugunsten zeitkritischer Güter wie Lebensmittel geprägt ist.
Transportiert wird der Eisenschrott primär in Europa. Für Überseeziele (derzeit vor allem Indien) kommen Container zum Einsatz, die per LKW, oder ebenfalls per Bahn, zu den Häfen gebracht werden. Die geographischen Hauptschlagadern der MGG-Bahntransporte in Europa verlaufen von Rumänien, Österreich und Ungarn vor allem nach Italien, denn in Norditalien gibt es zahlreiche Stahlwerke, die stetig steigende Mengen an Sekundärrohstoffen benötigen. MGG Trade verschickt die Schrottzüge heute als durchgehende Ganzzüge, statt – wie früher üblich – einzelne Wagen unterwegs zu sammeln. Das reduziert Schnittstellen, spart Zeit und erhöht die Planbarkeit in einem System, das von Trassenknappheit, Baustellen und Priorisierungen zugunsten zeitkritischer Güter wie Lebensmittel geprägt ist. Thomas Lippuner bringt die operative Idee der MGG-Ganzzüge auf den Punkt: „Je weniger wir von unterschiedlichen, zumeist staatlichen Anbietern abhängig sind, desto flexibler und effizienter sind wir. Da steigt an der rumänisch-ungarischen Grenze der rumänische Lokführer aus, der ungarische steigt ein und dieselbe Lok rollt weiter. Das spart Zeit, reduziert Schnittstellen und senkt Kosten.“ Diese Umstellung wäre aber ohne eigene Wagen nicht möglich gewesen. MGG hat deshalb Wagen angemietet bzw. erworben und macht sich damit unabhängiger von staatlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), welche über die entsprechenden Wagen verfügen und bestimmen. Die Wahl des durchführenden EVUs, welches die Lok und die Triebfahrzeugführer stellt, erfolgt auftragsspezifisch.
Komplexe Rahmenbedingungen: Trassen, Technik, Prioritäten.

Unterschiedliche Stromsysteme, fehlende Oberleitungen auf Teilstücken, mangelhafte Sprach- und Streckenkenntnisse von Triebfahrzeugführern sowie länderspezifische Abfall- und Genehmigungsregeln verteuern und verlangsamen grenzüberschreitende Transporte.
Gleichzeitig bleibt die logistische Realität herausfordernd: Unterschiedliche Stromsysteme, fehlende Oberleitungen auf Teilstücken, mangelhafte Sprach- und Streckenkenntnisse von Triebfahrzeugführern sowie länderspezifische Abfall- und Genehmigungsregeln verteuern und verlangsamen grenzüberschreitende Transporte. „Recyclinggüter wie Eisenschrott stehen bei Streckenengpässen in der Priorität oft ganz hinten“, sagt Steriti. Wenn Naturereignisse, Bauarbeiten oder unkoordinierte Sperren zentrale Achsen verstellen, bleiben Eisenbahnunternehmen und Verladern manchmal nur zwei Optionen: Warten oder temporär auf LKWs ausweichen. Denn wenn die Schiene stockt, sind Ausweichmanöver mit höheren Kosten und mehr CO₂-Emissionen unvermeidbar. So kam es 2024/25 trotz schweizerisch-akkurater Planung zu Phasen, in denen MGG substanzielle Mengen von der Bahn auf LKWs verlagern musste: „In Ungarn waren es in einem Monat bis zu 3.000 Tonnen auf der Straße, weil bahntechnisch nichts weiterging. Selbst in Österreich sind wir zeitweise über 1.000 Tonnen per LKWs gefahren“, ärgert sich Lippuner.
Dabei zeigt die Marktentwicklung der europäischen Stahlproduktion deutlich, wohin die Reise geht. Viele Stahlhersteller stellen Schritt für Schritt auf Elektro-Lichtbogenöfen um und erhöhen so den Recyclinganteil des Ausgangsmaterials. Und damit wächst auch der Bedarf an Gleisen und „Recyclingzügen“, welche die Sekundärrohstoffe anliefern. Für Danny Steriti gibt es deshalb nur einen Weg in die Zukunft: „Ich sehe das ganz klar: Die Transporte von Sekundärrohstoffen wie Eisenschrott mit der Bahn müssen ausgebaut werden, sonst kollabieren wir auf der Straße. Die Verkehrsrealität auf Transitrouten wie dem Brenner spricht eine deutliche Sprache. Schon heute sind die Kapazitäten vielerorts total ausgereizt!“
Was sich ändern muss: Drei Appelle an die Politik.
Damit die Schiene ihr Potenzial weiter entfalten kann, braucht es jedoch mehr als den Willen der Recycler und ihrer abnehmenden Unternehmen. Thomas Lippuner stellt deshalb drei essentielle Forderungen auf: „Erstens wird dringend intakte und zusätzliche Infrastruktur benötigt: Korridore, Gleisanlagen und Knotenpunkte müssen ausgebaut und grenzüberschreitend koordiniert werden. Zweitens muss an der europäischen Regulatorik geschraubt werden: Einheitliche und vor allem praxistaugliche EU-Abfallregeln sowie standardisierte Sprach- und Qualifikationsanforderungen im Bahnbetrieb könnten spürbar beschleunigen. Und drittens braucht es wirtschaftliche Signale von der Politik: Die Trassenpreise sollten stabil und planbar bleiben, die Bahnlogistik gezielt gefördert werden und Straßensubventionen kritisch überprüft werden“. MGG Trade-Geschäftsführer Danny Steriti formuliert es noch deutlicher: „Die Eisenbahn ist grün. Punktum. Es kann einfach nicht sein, dass die Trassenpreise steigen, während der Diesel subventioniert wird!“
Recycling mit Zugkraft: Massengüter gehören auf die Schiene.
Auch wenn der politische Takt oft langsamer schlägt als der Bedarf der Industrie, beweist die europaweit tätige Müller-Guttenbrunn Gruppe, was heute schon möglich ist: Resiliente EVU-Partnerschaften, eigene Wagenflotten, durchfahrende Loks und eine flexible aber klare Planung. Wo einzelne Gleistrassen temporär stocken, werden Alternativrouten und Zwischenlager kreativ kombiniert. Und dort, wo der direkte Bahnanschluss fehlt, entstehen regionale Sammelpunkte, die Abholungen bündeln und Ganzzüge formen. Die Grundidee bleibt dabei unverändert: Massengüter gehören auf die Schiene. Thomas Lippuner bringt es wieder auf eine simple Formel: „Ein Wagen entspricht zwei LKWs! Und ein Zug sind viele Probleme weniger!“
Der Weg ist klar. Jetzt braucht es Tempo!
Die Nachfrage der Abnehmer von Sekundärrohstoffen bestätigen diese Forderungen nach mehr Bahntransporten. Denn die großen Stahlwerke beziehen 70.000 bis 90.000 Tonnen Schrott pro Monat. Und alleine in Norditalien gibt es mehrere solcher Werke. Sie profitieren unmittelbar von stabilen, planbaren Schienenanlieferungen. Für die Kreislaufwirtschaft und die Müller-Guttenbrunn Gruppe bedeutet das mehr als reine Logistik: Es ist die Voraussetzung, Sekundärrohstoffe sicher, effizient und klimaverträglich an die verarbeitenden Produktionsorte zu bringen. Oder, wie Danny Steriti es zusammenfasst: „Ohne bessere Bahninfrastruktur, klare Regeln und faire Rahmenbedingungen wird Europa die wachsenden Schrottmengen nicht über die Straße abwickeln können. Die Zukunft fährt auf Schienen!“

Umwelt- und Kostengründe sprechen für den Bahntransport und lassen sich in einer simplen Formel zusammenfassen: Ein Wagen auf der Schiene entspricht zwei LKWs auf der Straße!
