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Dezember 06, 2022

Dass es in der Müller-Guttenbrunn Gruppe das Arbeitsmodell des Schichtbetriebes gibt, ist kein Geheimnis. Doch was steckt dahinter? Wie gehen die Mitarbeiter mit den unterschiedlichen Arbeitszeiten um und funktioniert da noch die vielzitierte Work-Life-Balance? Pünktlich zum Schichtwechsel baten wir Gerhard Schartmüller und seinen Kollegen Claudiu Baciu zu einem Interview, um ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Schön, dass Sie beide Zeit gefunden haben. Zu Beginn würden wir Sie bitten, sich für unsere Leser vorzustellen…

Baciu: Mein Name ist Claudiu Baciu und ich bin 31 Jahre alt. Ich komme ursprünglich aus Arad in Rumänien, wohne aber seit geraumer Zeit mit meiner Frau und unserem vierjährigen Kind in Amstetten. Seit drei Jahren arbeite ich bei Metran und kümmere mich in Halle 1 um die Röntgenfluoreszenzanlage. Zu meinen Aufgaben gehören unter anderem die Kontrolle des Materials und die Wartung der Anlage.

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Gerhard Schartmüller (links) und Claudiu Baciu (rechts) vor ihrem „Baby“, der REDWAVE Röntgenfluoreszenzanlage.

Schartmüller: Und ich bin Gerhard Schartmüller aus Öhling und bereits seit 2006 bei Metran tätig. 30 Jahre lang war ich bei einem Bauunternehmen beschäftigt und habe Straßen gepflastert, allerdings litten meine Knie sehr unter dieser Tätigkeit. Dadurch musste ein Knie operativ erneuert werden und für mich war es an der Zeit, eine neue Arbeit zu finden, die meinem Körper zumutbar ist. Zufälligerweise arbeitete mein Nachbar bei der Müller-Guttenbrunn Gruppe und er meinte damals „Komm, stell dich doch mal vor. Was soll schon schiefgehen?“ Gesagt, getan und so verbrachte ich meine ersten beiden MGG-Jahre bei der COMBISENSE Anlage. Im Laufe der Zeit kamen immer neue Aufgabengebiete dazu und dadurch kenne ich mittlerweile fünf verschiedene Maschinen in- und auswendig. Zusätzlich bin ich in Halle 8 tätig und es dauert an einem Arbeitstag nicht lange, bis mir meine Smartwatch mitteilt, dass ich mein Tagesziel an Schritten erfüllt habe. Die viele Bewegung schadet meinen Knien zum Glück nicht, ganz im Gegenteil. Ich muss sagen, dass es meinen Gelenken spürbar besser geht. Und hier in Halle 1 sorge ich mit meinem Kollegen Claudiu für Ordnung an der REDWAVE Röntgenfluoreszenzanlage – auch XRF genannt.

Herr Schartmüller, die Schicht von Ihrem Kameraden ist jetzt beendet und Sie arbeiten im Anschluss des Interviews an der Anlage weiter. Gibt es eine Schichtwechsel-Besprechung, und worüber tauscht man sich dabei aus?

Schartmüller: An oberster Stelle steht natürlich die Information, welches Material bearbeitet wird, dadurch wissen wir, was zu tun ist. Heute zum Beispiel werden Edelmetalle sortiert, weshalb wir die Anlage überwachen müssen und per Hand mitsortieren. Außerdem ist es sehr wichtig, sich über die Performance der Maschine auszutauschen. Lief alles nach Plan, gab es Störungen oder müssen diverse Probleme noch behoben werden? Einiges können wir eigenständig beheben, wie etwa die generelle Wartung, neue Gummibänder einspannen oder das Schmieren der Gelenke. Bei elektronischen Störungen rufen wir den Elektriker an und falls etwas neu verschweißt werden muss, kümmert sich unser hauseigener Schlosser darum.

Bis zu seiner Pensionierung verbringt Gerhard Schartmüller seine Zeit gerne bei MGG Metran.

Es gibt verschiedenste Modelle der Schichtarbeit, können Sie Ihr Modell erklären?

Baciu: Wir arbeiten im sogenannten Zwei-Schicht-Betrieb, also am Vormittag von 5:00 Uhr morgens bis 13:00 Uhr und die Schicht am Nachmittag beginnt um 13:00 Uhr und endet um 23:00 Uhr. Der Vorteil bei der Nachmittagsschicht ist, dass wir am Freitag freihaben, da diese Schicht zwei Stunden länger dauert als jene am Vormittag. Ich finde dieses Modell wirklich gut, da man sich entweder auf ein langes Wochenende freuen kann oder man schon zum Mittagessen nach Hause kommt und somit tagsüber noch einiges erleben kann.

Schartmüller: Das sehe ich genauso, allerdings bevorzuge ich die Vormittagsschicht, da ein 10-Stunden-Arbeitstag in meinem Alter ab und zu schon sehr anstrengend sein kann, man bedenke, ich stehe kurz vor der Pension. Die restlichen zweieinhalb Jahre schaffe ich aber locker.

Ist es durch den Schichtbetrieb schwieriger, die Freizeit sowie das Privatleben zu gestalten? Und ist ein gesunder Schlafrhythmus noch möglich?

Baciu: Ich komme wirklich gut zurecht und fühle mich nicht eingeschränkt. Natürlich kann das bei intensiveren Schichtmodellen anders aussehen, aber diese Systeme haben wir hier im Betrieb nicht. Die meisten Menschen mit einem 9-to-5 Job gehen wahrscheinlich auch nicht vor Mitternacht ins Bett, daher macht es kaum einen Unterschied. Und da man bei der Vormittagsschicht nach Feierabend noch einiges unternehmen kann, ist das frühe Aufstehen auch kein Problem.

Schartmüller: Außerdem gewöhnt man sich daran. Hin und wieder ausschlafen zu können, hat ja auch seine Reize.

Sie haben erwähnt, Sie beide arbeiten mit der Röntgenfluoreszenzanlage. Können Sie diese Anlage etwas genauer beschreiben? Und wann kommt diese zum Einsatz?

Baciu: Die Röntgenfluoreszenzanlage kommt eher am Ende unserer Verwertungskette zum Einsatz. Im Vorhinein wird Kunststoff und Aluminium in der Schwimm-Sink Anlage abgetrennt, Industriemetalle wie Zink, Messing, Kupfer, Edelstahl (auch NiRoSta genannt) und Blei landen dann im Schütter der XRF. Die Anlage schafft es im Schnitt drei Tonnen pro Stunde zu sortieren.

Schartmüller: Wir können die XRF nach einem bestimmten Element im Periodensystem suchen lassen, welches durch Druckluft von den anderen Metallen getrennt wird. Erkennen kann die Anlage das Element durch die Fluoreszenzstrahlung, denn trifft dieser Strahl auf einen Werkstoff passiert im Atomkern folgendes: Die Elektronen lösen sich aus den Atomhüllen und werden von den äußeren Schalen wieder nachbesetzt, allerdings geht dadurch Energie verloren und ein Energieblitz entsteht. Dieser Blitz wiederum ist messbar durch eine Frequenz und den Energiequanten, der in Kiloelektronenvolt (keV) erfasst wird. Je nachdem, in welchen Bereichen sich die Ergebnisse befinden, können wir die Stoffe zuordnen.

Die Edelmetalle werden also durch Röntgenstrahlung analysiert und per Luftstoß getrennt. Benötigen Sie da eine spezielle Schutzkleidung?

Schartmüller: Nein. Aus der Röntgenfluoreszenzanlage entweicht keine Strahlung. Diese Anlage ist mit vielen Sensoren ausgestattet und öffnet man die Tür, um beispielsweise ein verkantetes Teil zu lösen, bemerken das diese Sensoren umgehend und schalten die Strahlung sowie die gesamte Anlage sofort aus. Zur Sicherheit haben wir aber natürlich auch einen Strahlenschutzbeauftragten, der regelmäßig eine Funktionskontrolle bei unserer Anlage durchführt und die Wirksamkeit der Schutzvorrichtungen überprüft. So wird uns ein sicherer Umgang mit der Maschine gewährleistet.

Baciu: Außerdem ist diese Strahlung auch bei weitem nicht so stark, wie zum Beispiel ein Röntgengerät im Krankenhaus, bei dem man zum Schutz eine Bleischürze bekommt. Das liegt daran, dass wir mit unserer Anlage ja nur die Oberfläche der Metalle analysieren wollen. Im Gegensatz dazu wird in den Spitälern der ganze Körper durchleuchtet, wofür man eine wesentlich stärkere Strahlung benötigt.

Wie verlässlich ist diese Maschine? Muss selbst noch viel Hand angelegt werden?

Per Hand wird die Anlage regelmäßig unterstützt.

Baciu: Unsere Röntgenfluoreszenzanlage ist ein wahrer Jackpot für das Unternehmen. In letzter Zeit müssen wir kaum noch nachsortieren, da wir den gesamten Prozess laufend verbessern. In unserer Halle steht ja nicht nur die Röntgenfluoreszenzanlage, sondern auch die COMBISENSE und unsere neueste Errungenschaft, die Polyfinder-Anlage. Dadurch wird gute Vorarbeit geleistet und das Material schon in die entsprechenden Fraktionen vorsortiert. Per Hand nachsortiert wird nur ungefähr eine Woche im Monat. Außerhalb der Sommermonate haben wir dafür noch zusätzliche Helfer. In erster Linie wird auch nur händisch sortiert, wenn wir Edelmetalle trennen, da sehr wertvolle Stücke besonders behandelt werden müssen.

Schartmüller: Generell ist die Maschine wirklich sehr verlässlich. Natürlich gibt es ab und zu kleine Störungen, diese sind aber schnell behoben. Vor allem nimmt uns die Anlage einiges an Arbeit ab, denn wir lassen sie von Montag bis Donnerstag auch in der Nacht laufen. Kurz vor Ende der Nachmittagsschicht wird der Rüttler der Anlage nochmal befüllt und wir setzten einen Timer, der auf die jeweilige Sortierdauer gestellt wird. Sollte es bis zum nächsten Morgen keine Störungen geben, stehen wir am nächsten Tag vor tonnenweise fertig getrenntem Material. Freitags wird die XRF-Anlage ab 12:00 rund eine Stunde lang mit einem leichten Gebläse geputzt.

Ab und zu landen kleine Schätze wie dieser Silberlöffel in der Anlage.

Herr Baciu, da Sie es gerade erwähnten, gibt es regelmäßig wertvolle Metallteile?

Baciu: Es kommt ab und zu vor, dass ein Silberlöffel oder Schmuckteilchen auf dem Fließband landet. Bei sehr wertvollen Edelmetallen leuchtet sofort eine Lampe auf. Ganz egal wie klein oder groß die hochwertigen Metall-Schätze sind, wir geben sie umgehend an einem sicheren Ort ab. Da wir in unserer Abteilung Edelmetalle sortieren und auch kleine Mengen einen hohen Wert haben können, ist die gesamte Anlage sehr gut gesichert.

Schartmüller: Dazu muss ich aber noch ergänzen, dass wir diese Lampe eigentlich kaum benötigen, denn wir sehen mit bloßem Auge anhand der Farbe, um welches Metall es sich handelt, und das sogar aus ein paar Metern Entfernung.

Gestatten Sie uns zum Abschluss noch ein paar persönliche Fragen zu stellen. Herr Schartmüller, Sie gehen schon bald in den Ruhestand. Was würden Sie in ihrer beruflichen Laufbahn anders machen, wenn Sie könnten?

Schartmüller: Gar nichts. Mein erster Beruf als Pflasterleger war zwar anstrengend, aber dafür kann ich nun meinen Garten so gestalten, wie ich will. Und hier bei der Müller-Guttenbrunn Gruppe gefällt es mir wirklich gut, sonst wäre ich mittlerweile nicht schon 17 Jahre hier. Außerdem finde ich es spannend, was manchmal in den Containern landet. Es gibt mir einen komplett anonymen und durchgewürfelten Einblick in das Leben zigtausend unbekannter Menschen. Zudem habe ich keinen normalen Fließbandjob, sondern ich bin stolz, ein Recycler zu sein. Hier wird einem erst bewusst, wie wichtig eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist und dass es eigentlich keine Abfälle gibt, sondern nur viele Rohstoffe. Rückblickend war es für mich die beste Entscheidung, zur MGG zu gehen.

Sowas hört man gerne! Wie gestalten Sie beide denn Ihre Freizeit?

Baciu: Seitdem ich den Fußballsport an den Nagel gehängt habe, gehe ich es etwas ruhiger an. Meine neue Leidenschaft ist das Fischen und diese übe ich bei den schönsten Angelplätzen im Inland, aber auch in Rumänien, Tschechien oder Ungarn aus. Mein absolutes Highlight war ein 26 Kilo schwerer Karpfen, den ich eine dreiviertel Stunde an der Angel hatte, bis ich ihn aus dem Wasser ziehen konnte.

Schartmüller: Claudiu, das „ruhiger angehen“ ist dann wohl Ansichtssache. Meine Freizeit gestaltet sich wirklich sehr entspannt, meistens trifft man mich im Garten an. Meine Frau und ich haben viele Sträucher, die gepflegt werden müssen, natürlich fallen auch noch sonstige Gartenarbeiten wie Rasenmähen an. Da ich jedoch einen Großteil unseres Gartens sehr ansehnlich gepflastert habe, ist das Mähen doch sehr überschaubar geblieben. Erst vor kurzem habe ich unser Projekt „Hochbeet“ abgeschlossen und die Vorfreude auf das eigene Gemüse ist schon sehr groß.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Interview genommen haben. Wir wünschen Ihnen beiden alles Gute für die Zukunft.