Wichtige Aspekte zum Umweltschutz wurden im Frühjahr bei der BRS-COPsni 2019 der Vereinten Nationen behandelt. Mit Chris Slijkhuis brachte auch ein Mitarbeiter der Müller-Guttenbrunn Gruppe seine Expertise ein.
Im Frühjahr 2019 war wieder COP-Zeit. COP steht in diesem Fall nicht für die amerikanische Kurzbezeichnung für einen Polizisten, sondern für die „Conference of the Parties“ (Konferenz der Vertragsparteien). Konkret handelt es sich um die Vertragsparteien zu den UN-Konventionen von Basel, Rotterdam und Stockholm (kurz BRS), die sich alle zwei Jahre zu einer Konferenz treffen. Für die Öffentlichkeit oft unbemerkt, regeln diese drei internationalen Abkommen die Verhinderung und Bekämpfung des illegalen Verkehrs und Handels mit gefährlichen Chemikalien und Abfällen.
Die Basel-Konvention gibt etwa Regeln zum grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung vor. Auf gefährliche Chemikalien und Pestizide blicken die Vertragsparteien im Rotterdamer Regelwerk. Über schwer abbaubare (persistente) organische Schadstoffe wacht die Konferenz zur Konvention von Stockholm.
Unter den rund 1.400 Teilnehmern aus 180 Ländern war mit Chris Slijkhuis auch ein Mitarbeiter der Müller-Guttenbrunn Gruppe bei der diesjährigen COP in Genf vor Ort. Slijkhuis nahm als Vertreter des europäischen Fachverbands der Elektronikrecycling-Unternehmen EERA an der Konferenz teil.
Grenzwerte für bromierte Flammhemmer
Unter den vielen besprochenen Aspekten lag sein Hauptaugenmerk in der Stockholm-Konvention (persistente Schadstoffe) auf der Festlegung von Grenzwerten für bestimmte bromierte Flammhemmer. Einer dieser Brandschutzmittel – mehr spezifisch Deca-BDE – ist vielfach in alten Elektronikkunststoffteilen zu finden. Bei der COP 2017 wurde diese Substanz als POP (persistente organische Schadstoffe) deklariert, für die dieses Jahr in Genf international gültige Grenzwerte (Low POP Content) gefunden werden sollten. Während in der EU seit April diesen Jahres eine Obergrenze von 1.000 ppm (Parts Per Million = Millionstel) für die Substanzgruppe der PBDE’s, wozu auch Deca-BDE zählt, festgelegt wurde, konnte man sich global nicht darauf einigen.
Unterschiedliche Sichtweisen
„Hier sind in Genf einfach zu unterschiedliche Sichtweisen aufeinandergetroffen“, erzählt Chris Slijkhuis im Rückblick. „Wir als Recycler verstehen, dass diese Stoffe persistent sind und daher Obergrenzen sinnvoll sind. Allerdings dürfen diese nicht so niedrig angesetzt werden, dass Recycling von Kunststoffen aus Elektronikschrott unmöglich wird. Daher wurde die EU-Obergrenze von 1.000 ppm nach einer längeren Diskussionsphase für sinnvoll erachtet.“ Umwelt-NGOs hatten jedoch Grenzwerte von 50 ppm gefordert – ein Wert, der überhaupt nur mit unglaublichem Aufwand nachweisbar ist und bedeuten würde, dass eine Unmenge an Kunststoffen verbrannt werden müsste, anstatt recycelt werden zu können. Für Slijkhuis nicht nachvollziehbar, dass sich einige Ländervertreter dieser Forderung anschlossen und so die Festsetzung eines Grenzwerts verhindert haben: „Wenn man bedenkt, wie viel Energie, Rohstoffe und CO2-Ausstoß durch das Recycling eingespart werden, sollte niemand daran interessiert sein, solch niedrige Grenzwerte festzusetzen. Für die Umwelt ist es wichtiger, eine kluge Balance zu finden, um diese Schadstoffe aus der Welt zu schaffen und dennoch Kunststoffe recyceln zu können.“ Weil man sich nicht einigen konnte und jeder Kompromissvorschlag abgelehnt wurde, wird man sich 2021 bei der nächsten COP erneut diesem Thema widmen. In der EU wird zumindest bis dann der 1.000 ppm Grenzwert in Kraft bleiben.
Kampf gegen Kunststoffe in den Meeren
Ein zweiter für Recycling-Unternehmen – wie die Müller-Guttenbrunn Gruppe – besonders relevanter Punkt, der in Genf besprochen und auch beschlossen wurde, betrifft den grenzüberschreitenden Transport von Kunststoffen. In der COP zur Basel-Konvention hatte die norwegische Delegation einen Vorstoß unternommen, um der Verschmutzung der Weltmeere durch Kunststoffabfälle in Zukunft einen Riegel vorzuschieben. Dazu sollten auch die grenzüberschreitenden Transporte von Kunststoffabfällen strenger kontrolliert werden.
In der Schweiz einigte man sich auf folgende Punkte, die mit Jahresbeginn 2021 gültig sind:
- Kunststoffabfälle dürfen generell nur noch gereinigt und getrennt in andere Länder transportiert werden.
- Werden Kunststoff-Fraktionen gemischt über Ländergrenzen verbracht, ist eine Notifizierung notwendig und die Behörden beider Länder müssen eingeschaltet werden.
- Ist der transportierte Kunststoff kontaminiert, erhält die Lieferung einen neuen Abfallcode für gefährliche Abfälle.
Noch viele Fragezeichen
Der dritte Punkt birgt jedoch noch einige Fragezeichen: So gibt es noch keine gültigen Grenzwerte für die Kontamination – Art (welche Substanzen) und Intensität der Kontamination wurden nicht festgelegt. Sollten Kunststoffabfälle mit dieser Regelung bei bestimmten Kontaminationen zu gefährlichen Abfällen deklariert werden, wäre auch eine Neuregelung für Kunststoffrecyclinganlagen notwendig, denn Kunststoffanlagen sind in der Regel nicht für Annahme gefährlicher Abfälle genehmigt. „Das ist vor allem für unser Werk MGG Polymers wichtig, wo wir derzeit Kunststoffe verarbeiten, die dann möglicherweise einen solchen Code für gefährliche Abfälle erhalten würden“, erklärt Chris Slijkhuis, der hier noch Diskussionsbedarf sieht.
„Dazu stellt sich auch die Frage, ob diese Regelungen für Lieferungen innerhalb der EU gelten oder nur für den Export in einen Nicht-EU-Staat.“ Antworten auf die offenen Fragen müssen jedenfalls bis Jänner 2021 gefunden werden. So lange bleibt Zeit, um die getroffenen Regelungen innerhalb der EU und OECD in Gesetzesform zu gießen – auch dabei wird die Müller-Guttenbrunn Gruppe ihre Expertise einbringen und für sinnvolle Lösungen eintreten.